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Die Kraft der Kooperation

17. August 2023
Food Trend #3

Die kleinstrukturierte Tierhaltung ist in der aktuellen Situation immer seltener rentabel, nicht zuletzt auf Grund von Preisschwankungen am Markt und gestiegenen Betriebskosten. Eine Patentlösung gegen die auftretenden Kosten und damit verbundenen Problemen gibt es leider nicht. Doch aber Strategien, um sich besser an die Situation anzupassen, wie etwa den Schritt in die Kooperation mit weiteren Betrieben und vielleicht sogar in die Direktvermarktung der selbst veredelten Produkte. Bei manch einem mögen hier die Alarmglocken schrillen und dennoch gibt es immer mehr Beispiele und Kooperationen, die sich bestens aufeinander abgestimmt haben, einen gesunden und nachhaltigen Weg gefunden haben und so, durch eine merklich gesteigerte Wertschöpfung, die Tierhaltung weiter betreiben können.

Um einen kleinen Einblick in die Erfahrung und Herausforderungen mit einem solchen Unterfangen zu bieten, durften wir Rupert Viehauser vom Schwabhof im Kleinarltal in Salzburg befragen.

Er ist einer der drei Mitbegründer der Kooperation und Direktvermarktung „Bio aus dem Tal“. Seit 2017 arbeiten die drei Höfe Hirschleiten, Schwabhof und Stockham noch enger zusammen als bisher und haben mit der Gründung der GmbH einen Weg gefunden, die kleinstrukturierte Tierhaltung zu erhalten.

Im Jahr 2017 habt ihr euch dazu entschieden zusammen zu arbeiten und so eine Kooperation eurer drei Betriebe beschlossen. 'Bio aus dem Tal' ist somit ins Leben gerufen. Bestimmt kein einfacher Schritt. Was war ausschlaggebend für die Idee so eng zusammen zu arbeiten? Gab es vielleicht sogar einen bestimmten Anlass für eure anfänglichen Überlegungen?

„Tatsächlich gab es keinen konkreten Anlass für unsere Überlegung, allerdings haben wir drei bereits zuvor in Form von Maschinengemeinschaften oder Fortbildungen zusammengearbeitet und uns schon lange gegenseitig bei Bedarf unterstützt.

Der ausschlaggebende Grund für unsere engere Zusammenarbeit und somit die Gründung unserer gemeinsamen Molkerei, war unseren Betriebsgrößen geschuldet.  Da wir kleinstrukturierte Milchkuhhaltung betreiben, war dieser Schritt langfristig für uns notwendig, um in der Milchverarbeitung rentabel wirtschaften zu können und vor allem die Tierhaltung aufrecht zu halten.“

Auf eurer Webseite gewährt ihr bereits einen Einblick in eure Hingabe und Liebe für die hochwertige Bio-Landwirtschaft sowie traditionelle Verarbeitung und eure zugrunde liegende Einstellung zum Ernährungssystem. Erlaubt mir dennoch die Frage: Wäre es für euch nicht "leichter" gewesen, wie gehabt eure Rohstoffe, in eurem Fall die Milch, an den Handel zu liefern?

Ganz offen gesagt – es wäre definitiv einfacher. Der Milchtankwagen saugt die Milch ab und damit endet deine Zuständigkeit als Landwirt. Das ist schon ein Unterschied zur Direktvermarktung, man muss sich wesentlich intensiver mit dem Produkt auseinandersetzen. Dazu kommen die einzelnen Verarbeitungsschritte und Betriebsabläufe, als auch die Unternehmensform, in unserem Fall eine GmbH, die Arbeit und Verantwortung mit sich bringen. Es gilt betriebswirtschaftliche Entscheidungen zu treffen, wie etwa den Umgang mit unseren Mitarbeiter:innen, Kostenkalkulationen zu machen oder die Vermarktung der Produkte sowie der Marke ganz allgemein, um nur einige zu nennen.“

In welchem Verhältnis steht der Nutzen zu dem Aufwand, der durch die Kooperation entsteht?

„Dies ist mit eines der wichtigsten Themen in der Direktvermarktung. Für uns stimmt das Verhältnis – der Mehraufwand, den wir betreiben, lohnt sich für uns auch. Dennoch sollte man immer aufpassen, eine funktionierende und rentable Direktvermarktung hängt stark mit gelungenen Kalkulationen und vorab getroffenen Entscheidungen zusammen. Man benötigt zum Beispiel eine gewisse Chargen-Größe, um unter dem Strich auch einen angemessenen Lohn als Direktvermarkter für die investierte Arbeit zu erhalten.
Für uns hat es sich auf jeden Fall gelohnt, wir sind zufrieden mit unserem Nutzen/Aufwand-Verhältnis und können stolz sagen, dass die Arbeit, die wir reinstecken, uns auch fair bezahlt wird.“

2018 habt ihr einen eigenen Milchverarbeitungsbetrieb, die Milchwerksatt, gegründet. Habt ihr euch dabei Hilfe gesucht, bzw. beraten lassen? Wenn ja, wo/durch wen? Wo lagen anfänglich die größten Herausforderungen und vielleicht sogar Probleme bei der Betriebsgründung?

„Die anfängliche Herausforderung bestand darin, die geeignete Betriebsform für unser Vorhaben zu finden. Hierfür haben wir uns durch unseren Steuerberater, die Landwirtschaftskammer, aber hauptsächlich durch andere, ähnliche Betriebe, die bereits Erfahrungen mit Kooperationen und Direktvermarktung gesammelt haben, beraten lassen.
Im Vorfeld muss klar sein, welche Konsequenzen die gewählte Betriebsform mit sich bringt. Etwa wenn es um die finanzielle Sicherheit geht oder die Haftung, wenn mal was schiefläuft.
Dabei stellt sich dann meist eh heraus, ob und inwieweit man sich untereinander vertraut.
Bei uns hat das gut funktioniert und wir begegnen uns untereinander auf Augenhöhe.“

Viele Landwirt:innen teilen bestimmt eure Einstellungen und Ansichten, haben aber Sorge vor möglichen Problemen und finanziellen Risiken, die dabei vielleicht für sie entstehen könnten. Was könnt ihr denen mit auf den Weg geben?

„Uns hat der Erfahrungsaustausch mit anderen Betrieben sehr geholfen.
Dennoch ist und bleibt für uns das Entscheidende, dass es menschlich zwischen den Kooperationspartnern
zusammenpassen muss.

Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit und zum Kompromiss ist Grundvoraussetzung für ein gelingendes Miteinander. Früher oder später werden Entscheidungen und Probleme auftreten, die man gemeinsam treffen und lösen muss und wenn es dann untereinander nicht reibungslos läuft, dann kostet das so viel Energie, dass für die „eigentliche Arbeit“ nichts mehr übrigbleibt.
Bei uns funktioniert das reibungslos, da es für uns alle drei auch sehr wichtig ist für einen guten Betriebsablauf.“

Man könnte meinen, je mehr Betriebe und Höfe an einer Kooperation beteiligt sind, desto schwieriger ist es in der Umsetzung, Planung und Entscheidungsfindung. Was würdet ihr dem entgegensetzen? Wie geht ihr damit um?

„Zu dritt können wir aktuell sehr gut arbeiten und Entscheidungen werden in der Gruppe nach dem Mehrheitsprinzip getroffen. Das ermöglicht uns schnell und innovativ auf Veränderungen reagieren zu können ohne lange und komplizierte Aushandlungen untereinander. Wenn wir mehr Betriebe und Partner mit dazu nehmen würden, könnten sich vielleicht „Lager“ bilden, die langfristig den Ablauf erschweren oder gar wichtige Entscheidungen blockieren. Das liegt nicht in unserem Interesse, daher sind wir da einfach sehr vorsichtig und zufrieden mit der aktuellen Situation. Wir verstehen uns sehr gut, auch auf einer freundschaftlichen Ebene und helfen einander immer aus, das ist viel Wert.“

Mittlerweile hat sich eure Produktpalette etwas verändert. Von den anfänglich allumfassenden Molkereiprodukten habt ihr etwas „abgespeckt“ und dennoch erweitert. Was waren die Gründe? Wie hat es sich für euch entwickelt?

„Angefangen haben wir ganz klassisch mit der „Weißen“ und „Gelben“ – Palette, also Milch, Topfen, Butter und Joghurt-Erzeugnisse sowie der Käseherstellung, mit Weichkäsen, Blauschimmel - bis hin zum Bergkäse. Die „Weiße Palette“, und die damit verbundene Logistik der Gläser und Flaschen, hat uns auf Grund des nicht ausreichenden Platzangebotes in der Molkerei zu sehr eingeschränkt und für einen Mehraufwand gesorgt, der nicht mehr im Verhältnis für uns stand.
Darum haben wir uns dazu entschieden rein auf die Käseproduktion umzustellen und können uns so vollkommen darauf konzentrieren.
Für die anfallende Molke haben wir auch eine nachhaltige Lösung gefunden, indem wir diese an die eigenen Schweine verfüttern, die wir dann als „Molke-Schweinefleisch“ von einem Lohnbetrieb zu beispielsweise Speck, Salami oder Hauswurst verarbeiten lassen. Das rundet unsere angebotene Produktpalette im eigenen Hofladen gelungen ab und ermöglicht uns beispielsweise noch umfangreichere Geschenkkörbe anbieten zu können.“

Zu viele Köche verderben den Brei, sagt man. Ihr habt euch aber davon nicht abschrecken lassen und das Gegenteil bewiesen. Worin liegt eurer Meinung nach das „Geheimnis“ für die gelungene Partnerschaft eurer drei Höfe?

„Wir verstehen uns auf einer menschlichen Ebene sehr, sehr gut und sind alle bereit gegenseitig aufeinander einzugehen, ohne Neid oder Missgunst für die Erfolge der Partner. Das macht bei uns den Unterscheid und sorgt für eine angenehme und freundschaftliche Kooperation, weit über die Milchwerkstatt hinaus.“

Vielen Dank Rupert, dass ihr eure Erfahrungen mit uns teilt und den interessanten und aufschlussreichen Einblick in das Entstehen eurer Kooperation!

Vom Wissen anderer zu profitieren, steht für die 3 Biobauern aus dem Kleinarltal mitunter an vorderster Stelle, darum bietet das Agrarmarketing Tirol ein Beratungsangebot rund um das Thema „Kooperationen in der Landwirtschaft“ an. Gerne helfen wir Ihnen an die notwendigen Informationen zu gelangen, Ansprechpartner:innen auszumachen, bei Bedarf maßgeschneiderte Workshops zu organisieren und vor allem Betriebe mit Kooperations-Erfahrung kennen zu lernen, um niederschwellig praxisnahe Einblicke und Rückmeldungen zu erhalten.


Für alle die auf den Geschmack gekommen sind oder vielleicht schon lange eine Idee im Hinterkopf haben, aber sich nicht ganz sicher sind wo anfangen, finden hier unser Kontaktformular.